Das Leben wurde einfach nicht leichter. Irgendwo zwischen allen Stühlen versuchte mein Troll Fuß zu fassen und ich folgte ihm hypnotisiert. Es gab da einige Punkte die mir Abwechslung boten, aus denen ich die Kraft für meine Vorhaben schöpfen konnte. Die steuerte ich immer wieder an.
Da war z.B. das Waldgrundstück mit Bachlauf des Jaromir Gerbnüller, einem nicht nur medial begabten Mitglied der sogenannten „Herrenrunde“, aus der einst die Zwerge gekommen waren die Schmarri als Schneewittchen an den Gardasee begleitet hatten.

Jaromir zeigte Begabungen auf den verschiedensten Gebieten. Geradezu begnadet war er im Umgang mit Frauen! Er konnte sie, ohne jemals eine von ihnen vernascht zu haben, reihenweise auf sein Waldgrundstück einladen, wo es dann meist hoch herging. Das Ferienhaus im Waldgrundstück hatte mehrere Zimmerchen, die sich ausgezeichnet für Pärchen eigneten, sich für ein Viertel-Schäferstündchen zurückzuziehen. Der Pool war geschaffen für das Nacktbaden. Dort konnten die Schönen mit ihren Reizen verschwenderisch umgehen...

Viele Büsche luden zur Schnitzeljagd ein, wo junge Männer begeistert Fangen spielten und die Damen stellten sich munter drauf ein. Sie klimperten eifrig mit den Wimpern, sie flirteten um die Wette, sie stahlen sich die Show, sie ließen sich küssen – sie hielten Ausschau ob nicht ein Objekt ihrer Begierde, oder eines für das sie ein solches Objekt waren, sich für mehr als einen One-Night-Stand eigneten. Manche wurden fündig, andere hofften sich die Seele aus dem Leib.

Mein Troll gab mir die Richtung vor und ich bereicherte mich schamlos. Ich suchte aus und lud die Attraktivsten in mein Atelier ein, wo sie dann allerdings nicht dazu kamen sich als Sirene zu präsentieren, sondern einfach nur nackt für spätere Ölbilder posierten. Doch auch das machte ihnen einen Heidenspaß...manchmal.
Wie gesagt, ich machte ihnen schöne Augen, die viel zu versprechen schienen, hielt mich aber dann, auf dringendes Anraten meines Trolls, der mich übermächtig beherrschte, im Eventualfall dezent zurück, wenn es darum ging in Gefahr zu geraten. Schwängern durfte ich keine, sonst wären die Pläne meines Trolls, also meine gescheitert.

Draußen im Waldgrunstück lief das ganz anders ab. Da ging es schwer zur Sache: da gab es Zungenküsse, da wusste man zu Tuten und zu Blasen wie es nirgends im Buche steht, außer vielleicht im Kamsutra.
So manch einer der Herren war fasziniert von den Angeboten der Natur, die dort so freizügig verteilt wurden. Am eindrucksvollsten tat sich ein Mädchen hervor, das unter dem Namen „Kuhhosenelfie“ bekannt war, weil sie stets schwarz-weiß gefleckte Lederhosen trug.

Sie strahlte am Abend vor dem offenen Kamin den Grundstücksbesitzer Jaromir Gerbnüller so lange aufmunternd an, bis der sich veranlasst fühlte Elfie mit in eines der Zimmerchen zu nehmen. Dort fragte er sie ob sie denn Gott zu ihm geschickt hätte, denn er habe ihm ganz speziell versprochen ihm in Kürze eine Frau zuzuführen. Elfie lachte, ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Sie entblätterte ihre phänomenalen Brüste, worauf Jaromir in eine Art Trance verfiel und nicht mehr weiter wusste. Ihm fiel nur noch ein das Kuhhosengeschöpf zu fragen ob sie nicht mit ihm vor dem Akt noch schnell ein Gebet sprechen würde. Dann fiel er auf die Knie und Tränen der Dankbarkeit rannen über seine Pausbäckchen.

Dies war der schönen Elfie dann doch zu rührend und sie machte sich schleunigst aus dem Staub, schnappte sich Zwerg Hansi, bevor der wieder zu Schnarchen anfangen konnte und verschleppte ihn hinter einen der vielen Büsche um den Pool. Dort nahmen sich die beiden Hansis bestes Stück vor, begutachteten es ausgiebig und schließlich nahm die heiße Frau nicht nur weitere Worte in den Mund, sondern schnitt die von Hansi einfach rigoros ab, indem sie ihn, vor vollendete Tatsachen stellend, in die Knie zwang, wo er leise zu wimmern begann.

Zwerg Milan, der Gentleman beschränkte sich aufs versierte Flirten, womit er deutlich anzeigte, wie gut er lieben könnte, wenn er nicht schon verheiratet wäre und mehrere Kinder hätte. Natürlich dürstete er überaus heftig sogar, nach außerehelichen Zärtlichkeiten, aber er hatte sich bereits derart mit einer ihn bezaubernden Frau verbunden, daß er ihr mit Haut und Haaren verfallen und eingebunden war in eine Ehesystem das ohne seine nie ruhende Arbeitskraft nicht auskommen konnte.

Mit der Zeit ermüdeten gewöhnlich die amüsanten und teilweise pikanten Bemühungen der Damen um die der Herren und die Herren um die Damen. Ich war mit meinem Troll bereits wieder abgereist, als die Sterne hoch am Himmel standen, hatte mich ganz in ihn zurückverwandelt, also mein imaginäres Freiersgewand wieder abgelegt (weil ich schon alles was ich wollte in der Tasche hatte) und mich damit abgefunden, daß ich eben kein Schnarch-Hansi oder ein Jaromir war, die seinen Träumen einfach so hinterherlaufen durfte.
Ich strebte meinem Zuhause entgegen wo ein liebend Weib meiner harrte, mich mit offenen Armen empfing...um mich dann wieder brüsk abzuweisen.

Offensichtlich war sie felsenfest davon überzeugt gewesen ich hätte schon alle meine „Munition“ im Wald verschossen, mich ausgelebt wie weiland ein großer Jungendstil-Künstler, der sich selbst am liebsten in weichen Forme liebte und mehr außereheliche Kinder hatte als Pinsel in der Farbe – und so war sie vor meiner Ankunft noch zu dem Schluss gekommen was einem Troll gebührt, der sich für einen Künstler hält, aber nur ein gemeiner Schürzenjäger ist.

Ich phantasierte in diesen wunderbaren Nächten, die ich teilweise auf Jaromirs Waldgrundstück verbrachte, noch lange – in Selbstgespräche mit meinem Troll vertieft – vor mich hin, bis ich endlich einschlafen konnte...
Bisweilen machte ich meinem Troll schwere Vorwürfe, seiner eisernen Disziplin wegen. Er hatte mich immerhin, in den „entscheidenden Augenblicken“ brutal zurückgehalten wenn es darum ging Tribut von der Natur zu fordern. Schließlich war ich auch nur ein Mensch – wenn auch ein reichlich einfältiger ohne Troll.

Zusammen mit meinem Troll, also ich selbst als Troll, war jedoch praktisch unbesiegbar...dachte ich. Bis dann doch eine Frau meinen Weg kreuzte, die mich absolut zu bezaubern wusste.
Damit begann meine erste schwierige Epoche im Reich der Zeit, die mich gefangen hielt wie ein Schraubstock. Warum sie mich bezauberte musste vielleicht der Teufel gewusst haben – ich wusste es jedenfalls nicht, meine Trollhälfte verriet es mir nicht und der Himmel, der mir da so treuherzig winkte enthielt mir ebenfalls „schüchtern“ die Antwort auf meine Fragen vor.

Damals musste es gewesen sein, daß ich sie – nicht die bezaubernde Frau – sondern das seltsame Wesen zum ersten Male sah. Es bestand und es bestand nicht! Es war da, hielt sich im sichtbare Bereich des Holodecks auf und es gab sich trotzdem nicht zu erkennen. Es sah aus wie eine Figur aus Glas, die sich extrem verbiegen konnte. Manchmal winkte sie deutlich zu mir herüber, aber genau genommen jagte sie mir nur Ängste ein.
Ich wusste einfach nicht wie ich mit dieser Erscheinung umgehen sollte, denn sie wollte, wie es aussah, ein fester Bestandteil meines Lebens werden.
Nur Dingsbums lautes Schnarchen rette mich manchmal aus der Bedrängnis wenn die Glasfigur bei uns im Schlafzimmer auftauchte.

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  27

© Alf Glocker


© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  27"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  27

Autor: Sonja Soller   Datum: 21.09.2022 9:13 Uhr

Kommentar: Gerne gelesen!!
Tolles Bild, lieber Alf!

Herzliche Morgengrüße aus dem weiter gespannten Norden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  27

Autor: Alf Glocker   Datum: 21.09.2022 14:11 Uhr

Kommentar: Vielen Dank liebe Sonja!

LieGrü
Alf

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